Kaufberatung Typ 14


Um einen Karmann Ghia zu kaufen braucht es eine gehörige Portion an Selbstdiziplin, denn selbst Heruntergekommene Exemplare versprühen eine Menge Charme. Deshalb vorweg die Empfehlung Bauchgefühl ausschalten und ein potenzielles Kaufexemplar nüchtern mit dem Verstand betrachten.
Diese Vorgehensweise macht sich später im Geldbeutel bezahlt denn:
Karmann Ghia Ersatzteilpreise haben Porsche Niveau!
Wer die Entscheidung getroffen hat, einen Karmann Ghia zu kaufen weiß vielleicht schon ganz genau was es sein soll. Die Auswahl besteht zwischen Typ 14 und Typ 34.
Beim 14er hat man noch die Entscheidung zu fällen ob Coupe oder Cabriolet. Dabei können im Moment noch alle Wünsche erfüllt werden. Durch die lange Produktionszeit, die hohen Stückzahlen und dem weltweiten Vertrieb über das VW Händlernetz ist eine ausreichende Auswahl an Fahrzeugen vorhanden. Wobei der erste Kauf nicht der beste sein muß.
Vorab die Gute Nachricht. Mechanische Bauteile für Motor, Getriebe und Achsen sind selbst nach über 30 Jahren der Produkltionseinstellung relativ problemlos zu bekommen. Dies verdankt der Karmann Ghia seiner Verwandtschaft zu den Millionsellern Käfer und Typ 3.

Alle Karmann Ghia Varianten, ob Typ 14, Typ 34, Coupe oder Cabriolet haben jedoch eines gemeinsam. Sie sind keine Rost-Abstinenzler. Daher erfordert es einen geübten Blick ein ehrliches Exemplar von einem Blender zu unterscheiden, der vielleicht durch Nachbesserungen ein größeres Loch in die Brieftasche reißt als geplant und damit Frust verursacht.

Diese Kaufberatung ist für den Typ 14, kann aber auch auf den Typ 34 übertragen werden.

Die Karosserie

Durch mangelnde Rostvorsorge ab Werk nagt an fast allen Karmann Ghias der Zahn der Zeit in Form von Korrosion. Im Grunde sind die unteren 20 cm der gesamten Karosserie vom Gilb bedroht. Deshalb gehört diesem Bereich besondere Aufmerksamkeit. Beim ersten Check sollte geschaut werden ob die Sicken unterhalb der Türen vorhanden sind. Hier wurde der 3-teilige Schweller auf Stoss zusammengeschweißt. Außerdem sollte im hinteren Bereich des Schwellers der Deckel für die Drehstaböffnung sichtbar sein.
Fehlanzeige?Achtung, an diesem Fahrzeug wurde schon geschweißt! Billige Reparaturschweller bestehen aus einem Stück und weissen diese Merkmale nicht auf.

Drehstabdeckel Sicken Sicken


Als nächstes werden die vorderen Radhäuser inspiziert. Eventuell sollte man hierzu die Räder abnehmen um einen besseren Überblick zu bekommen.In den Radhäusern sind die Lampentöpfe und die Lüftungskanäle, die von den Lufteinlässen am Fahrzeugbug zum Kalt-/Warmluftmischeranschluss führen. Die Oberseite der Lampentöpfe sollte frei von Dreck und Rostnestern sein. Das gleiche gilt für die Oberseite der Luftkanäle.
Sind die Luftkanäle nicht mehr vorhanden: Hände weg! Sie wurden dann bei einer Restauration einfach weggelassen, dienen aber dazu die Karosserie in dem Bereich zu versteifen. Schonmal im Radhaus angekommen können wir auch das Schottblech abnehmen, daß das Radhaus zur A-Säule hin abdeckt. Dieser Bereich ist einer der großen Schwachpunkte der Karmann Ghia Karosserie. Dreck, Wasser, Wärme der Heizungkanäle lassen diesen Bereich zu einem Feuchtbiotop werden. Der Karmann Ghia rostet von Innen nach außen. Deshalb stehen auch völlig verkommende Exemplare noch ganz gut da.


Nach Begutachtung dieser Punkte, ist es jetzt Zeit die Hauben zu öffnen und dem Objekt der Begierde auf den Zahn zu fühlen.Nach öffnen der Kofferraumhaube (die Entriegelung hierfür befindet sich bis 1967 links neben dem Lenkrad, danach im Handschuhfach) begutachten wir als erstes die Stehwände links und rechts. Eine Unversehrheit der Stehwände ist ein gutes Zeichen, da das Auto weder einen Frontschaden (Unfall) hatte, noch das in dem Bereich anderweitig repariert wurde. An der rechten Stehwand (in Fahrtrichtung) befindet sich das Fahrzeugtypenschild.
Als nächstes wird das Reserverad entnommen und der Bereich in der Reserveradwanne inspiziert. Eingedrungenes Spritzwasser und durch Dreck verschlossene Abläufe verursachen auch in diesem Bereich Rostprobleme. Oftmals ist dieser Bereich, gutgemeint, mit Unterbodenschutz zugekleistert und verursacht genau das Gegenteil. An der Stehwand sitzt der Bremsflüssigkeitsbehälter (bis 1966). Ausgelaufene Bremsflüssigkeit sorgt in diesem Bereich für Lackschäden. Desweiteren sollten die 3 (mit Deckel verschlossenen) Inspektionsöffnungen vorhanden sein. Durch diese sind das Lenkgetriebe und die Schaltstange zugänglich

Nach der Kofferrauminspektion wird nun der Motorraum inspiziert. Der Zug zum öffnen der Motorhaube befindet sich an der linken Stehwand der Rücksitzbank.
Zunächst einmal: Der Motorraum ist in Wagenfarbe lackiert! Oft ist das Blech schwarz übergetüncht.
Im Motorraum gebührt dem Batterieblech besondere Aufmerksamkeit. Die Schwefelsäure einer übergekochten Batterie arbeitet sich hier gerne durch das Blech. Der Motorraum ist rundherum mit Dämmmatten ausgeschlagen. Man sollte vorsichtig versuchen diese an den Seiten zu entfernen um einen Blick in die Endspitzen zu werfen. Auch hier verursacht stehendes Wasser Korrosionsschäden.
Ebenso sollten die Haubenkante (Kofferraumhaube und Motorhaube) sowie die Falze hinter den Dichtungsgummis der Hauben kontrolliert werden. Stehendes Wasser, verschlossene Wasserabläufe und alternde Dichtungen lassen hier den Rost arbeiten.
Zur weiteren Inspektion öffnen wir die Türen und begutachten die Türunterkanten. Wasserabläufe hinter den Türdichtungen werden bei einer Reparatur schnell überlackiert und dadurch verschlossen. Im Innenraum werfen wir noch einen Blick unter die Teppiche/Gummimatten. Rost unter den Matten deutet auf stehendes Wasser. Besonders gefährdet sind hier Cabriolets, die schonmal ein Schauer Regen bei geöffnetem Verdeck abbekommen haben. Ein Check unter der Rücksitzbank ermöglicht auch gleich einen Vergleich der Fahrgestellnummer, die hier auf dem Rahmentunnel eingeschlagen ist.

Die Innenausstattung


Die Innenausstattung ist besonders für denjenigen wichtig, der einen originalen Karmannn Ghia sucht. Während man Blech und Lack relativ einfach rekonstrurieren kann, ist eine verschlissene Inneneinrichtung nur mit enormen Aufwand rekonstruierbar. Wobei beim Karmann gilt, je Älter desto schwieriger ist die Rekonstruktion. Hatte VW zum Ende der Produktion 1974 die Ausstattungsvarianten so zusammengeschnürt, dass es nur drei verschiedene Farbkombinationen gab, wurde bei frühen Modellen die Ausstattung der Außenfarbe angepaßt.

Sitze 55-57 Sitze58-59 Sitze66 Sitze68-69 Sitze70-74
Die Sitzbezüge sollten einen guten Gesamtzustand haben, wobei es auch hier Nachfertigungen gibt bzw. Ersatz aus Schlachtfahrzeugen. Ebenso für die Tür- und Seitenverkleidungen. Ein Augenmerk ist auf die Türzierleisten zu richten . Ersatz ist teuer und selten. Beim Cabriolet sollte die hintere Seitenverkleidung vorhanden und Rissfrei sein. Sie ist nicht mit dem Coupe vergleichbar.
Da das Armaturenbrett in der 19-jährigen Produktionszeit einige Male verändert wurde, empfiehlt sich ein Blick auf die Seite Armaturenbretter. Häufig ist bei unrestaurierten Ghias die Armaturenbrettabdeckung (ab Ende 58) im Bereich der Lautsprecheröffnung gerissen. Ersatz für die Modelle ab 1965 gibt es als Reproduktion. Ebenso wie die Armaturenbrettverkleidung, die ab Modell 67 in 3 verschiedenen Ausführungen kam.
Von August 1966 bis Juli 1971 war es eine teakholz Imitation, ab 1971 blendfreier schwarzer Kunststoff. Teppich und Gummimatten sollten einen gepflegten Eindruck hinterlassen.

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